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So fühlt sich ein Subdrop an

  • Writer: OneBigYes
    OneBigYes
  • Sep 19, 2022
  • 5 min read

Updated: May 11, 2024

Wer schon einmal Partydrogen konsumiert hat, weiß, dass auf den Rausch oft ein qualvolles Runterkommen folgt. Dieser Zustand kann sich mitunter anfühlen wie eine depressive Verstimmung. Im Anschluss an eine BDSM Session können Subs einen ähnlichen Effekt erleben. In der Kink Community sprechen wir in diesem Fall von einem Subdrop oder Absturz. Aber was ist das eigentlich genau und wie fühlt es sich an?


Was ist ein Subdrop?

Mir gefällt diese Definition aus dem Deviance Blog, weil sie betont, dass ein Subdrop nicht zwangsläufig mit einer (absichtlichen oder unabsichtlichen) Consent Verletzung zu tun hat und nie 100%ig vermeidbar ist:

Auch wenn eine Session sicher abläuft und alle Grenzen und Limits eingehalten werden, kann es zu einem sogenannten Absturz kommen. Dabei handelt es sich um einen extrem negativen Gefühlszustand, der durch verschiedene Faktoren hervorgerufen werden kann. Auf der devoten Seite spricht man dann von einem Sub-Drop.


So fühlt sich ein Subdrop für mich an

Nach einer intensiven Session bin ich am darauf folgenden Tag häufig besonders sensibel, vielleicht auch melancholisch, traurig und niedergeschlagen. Es ist gewissermaßen der Kater nach dem Rausch, ein kleines Tief, das auf ein Hochgefühl folgt. Ich kenne diesen Gefühlszustand nicht nur aus dem BDSM. Wenn ich zum Beispiel ein intensives Wochenende mit einem Partner verbracht habe und dann am Sonntagabend in meinen Single-Alltag zurückkehre, ist der Kontrast zwischen diesen beiden Welten für mich manchmal schwer zu ertragen und ich falle dann oft in ein kleines Loch. (Paradoxerweise sind diese besonderen Momente der Zweisamkeit - genau wie BDSM Sessions - aber ja auch gerade deshalb so genussvoll, weil sie eben nicht zu meinem Alltag gehören). Meine auf ein solches Wochenende folgende Niedergeschlagenheit ist letztlich nichts anderes als eine schmerzliche Rückkehr in die Realität - nicht angenehm, manchmal durchaus herausfordernd, aber auch nicht weiter dramatisch. Spätestens nach ein, zwei Tagen habe ich mich meist wieder gefangen und kann dann auch meinen Alltag und die vielen schönen Momente und Routinen darin wieder genießen. Genauso geht es mir manchmal im Anschluss an eine intensive BDSM Session. Ein paar Stunden später, meist erst wenn ich wieder alleine bin und oft auch erst am nächsten Tag, falle ich in ein Loch. Es ist kein tiefes schwarzes Loch, sondern vielleicht eher eine kleine Grube, und ich kann meistens problemlos alleine wieder herausklettern. Diese Art vorübergehendes Stimmungstief ist für mich Teil des Spektrums an emotionalen Zuständen, die unter dem Begriff Subdrop zusammengefasst werden.


Ein Subdrop kann aber auch sehr viel heftiger sein.


Ich habe bisher erst ein einziges Mal einen wirklich heftigen Absturz erlebt. Die Wucht der negativen Gefühle zog mir damals für ein paar Tage komplett den Boden unter den Füßen weg. Ich habe viel geweint, schlecht geschlafen und konnte mich auf nichts konzentrieren. Ich hatte das Gefühl, neben mir zu stehen und nicht ich selbst zu sein. Zu dem bekannten Gefühl der Niedergeschlagenheit kamen am Tag nach der Session starke Scham- und Schuldgefühle. Ich schämte mich im Nachhinein für Dinge, die ich in der Session getan hatte oder die mein Spielpartner mit mir getan hatte. Meine Gedanken kreisten um die Tabus, mit denen wir gespielt hatten: Habe ich das wirklich gemacht? Was stimmt nicht mit mir, dass ich so etwas mit mir machen lasse und das dann auch noch erregend finde? Die Erregung und die Euphorie, die ich während der Session verspürt hatte, waren umgeschlagen in Scham und Selbstzweifel. Ich hatte das Gefühl, in meinem Selbstwert verletzt zu sein. Verstärkt wurde der Absturz dadurch, dass mein Spielpartner kein Verständnis für meine Situation hatte und unsere Kommunikation in den Tagen nach der Session abriss, nachdem ich erzählt hatte wie schlecht es mir ging. Ich habe ihn zwar damals nicht explizit um Hilfe gebeten, er hat sie aber auch nicht angeboten.

Ich habe die Spielbeziehung dann kurze Zeit später beendet und habe noch jetzt, mehrere Monate später, ein beklemmendes Gefühl wenn ich an diesen Spielpartner denke.

Im Nachhinein habe ich viel darüber nachgedacht, wie es dazu kommen konnte. War ich zu naiv und unvorsichtig an die Sache herangegangen und somit am Ende selbst Schuld an meinem Absturz?


Letztlich kann man das Risiko von Grenzüberschreitungen im BDSM nie vollständig eliminieren. Meist sind es ja auch genau die Grenzbereiche, die so besonders spannend sind. Sich in diese Bereiche vorzutasten, erfordert nun einmal einen gewissen Vertrauensvorschuss von mir als Sub an meinen dominanten Partner. Das Risiko eines Absturzes gehe ich in jeder Session bewusst ein, um genau diese Grenzerfahrungen machen zu können. Also nein, blaming the victim bringt auch in diesem Fall gar nichts. Es war nicht meine Schuld und ich habe auch nichts falsch gemacht. Ich denke jedoch schon, dass es einige (beeinflussbare) Faktoren gab, die meinen Absturz damals begünstigt haben und dass ich aus diesen Erkenntnissen lernen kann:


  • Die Session hatte einen starken Fokus auf Erniedrigung. Ich wusste im Vorfeld nicht, was auf mich zukommen würde, sondern wollte mich überraschen lassen. Die Session beinhaltete dann einige BDSM Praktiken, die für mich komplett neu waren. Humiliation play gilt zurecht als edge play. Es ist immer eine Gratwanderung, mit derart tief verinnerlichten Tabus zu spielen. Die Intensität war zu hoch und es war zu viel Neues auf einmal. Ich war überfordert. Mein Spielpartner und ich kannten uns noch nicht sehr lang und hätten uns viel langsamer an diese Spielart herantasten müssen.

  • Mein Spielpartner wirkte auf mich emotional sehr distanziert. Ich hatte das Gefühl, als sei unsere Verbindung mit dem Ende der Session abrupt abgerissen. Ich bekam also nicht die Art von Aftercare, die ich gebraucht hätte, um mich aufgefangen und emotional sicher zu fühlen. Stattdessen blieb ich gewissermaßen in der Rolle der erniedrigten, gedemütigten, unterworfenen Sub stecken und konnte diese als sehr real erlebten Gefühle ohne Hilfe durch meinen dominanten Partner nicht einfach ablegen.

  • Ich war in den Tagen nach der Session auf mich allein gestellt. Mein damaliger Spielpartner hatte in seiner Primärbeziehung eine Art Don't Ask, Don't Tell Regelung, aufgrund derer er für mich nicht zuverlässig erreichbar war und wegen der er zwischen unseren Treffen auch nur sehr begrenzten Kontakt haben wollte. Ich hätte am Tag nach der Session Unterstützung von ihm gebraucht, die er mir aber nicht geben konnte oder wollte. Sogar ein kurzes Telefonat hätte mir wahrscheinlich sehr geholfen. Stattdessen musste ich alleine mit meinen widersprüchlichen Gefühlen fertig werden.


Was hilft mir bei einem Absturz?


  • Aftercare, die nicht mit dem Abschiedskuss endet. Mich erwischt das Stimmungstief meistens erst, wenn ich wieder alleine bin, und oft auch erst am Tag nach der Session. Für mich ist es daher wichtig, dass mein Partner dann erreichbar ist.

  • Prevention is better than cure. Seit meinem Absturz achte ich viel stärker darauf, meine Erwartungen und Bedürfnisse bezüglich Aftercare im Vorfeld einer Session detailliert zu besprechen. Mit neuen Partnern versuche ich, mich langsam und vorsichtig an die riskanteren Spielarten heranzutasten, um erst einmal zu schauen ob es mit der Aftercare klappt oder nicht.

  • Reden. Das Gefühl, allein zu sein und mit niemandem darüber sprechen zu können, hat den Subdrop für mich extrem verschärft. Idealerweise sollte natürlich der/die an der auslösenden Session beteiligte dominante PartnerIn im Fall eines Absturzes für sein/e Sub da sein und auch an den Tagen nach der Session bereit sein, emotionale erste Hilfe zu leisten. In meinem Fall war das leider nicht so. Ich habe dann mit einem engen Freund über mein Erlebnis gesprochen und auch das hat mir sehr geholfen. Gerade weil so starke Schamgefühle im Spiel waren, war es heilsam für mich, mich jemandem anzuvertrauen und zu spüren: Ich bin gut so wie ich bin.

  • Von der Kink Community lernen. Zu verstehen, was ein Subdrop ist und zu wissen, dass ich nicht die einzige Sub bin, die so etwas erlebt, war eine Riesenerleichterung. Danke, Reddit!

  • Die Kontrolle zurück gewinnen. Der Kontrollverlust, den ich als Sub während einer Session so liebe, ist im Kontext eines Absturzes schmerzhaft und beängstigend. Ich musste aus meiner passiven Rolle herauskommen, um dieses Gefühl des Ausgeliefertseins zu überwinden. In meinem Fall war es der richtige Schritt, die Beziehung zu beenden. Es gibt aber sicher auch weniger drastische Maßnahmen.





 
 
 

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