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Warum meine Libido manchmal eine echte Belastung ist

  • Writer: OneBigYes
    OneBigYes
  • Aug 12, 2022
  • 3 min read

Updated: May 28, 2024




Wenn ich darüber nachdenke, wie mein Leben noch vor einem Jahr aussah, kommt es mir vor, als sei ich seitdem ein anderer Mensch geworden. Damals fühlte ich mich in meiner sexlosen Ehe oft wie gefangen, und sehr sehr allein. Wäre meine Libido ein Körperteil, ich hätte es mir damals am liebsten amputieren lassen. Ich hatte das Gefühl, meine Sexualität sei das einzige, das zwischen mir und einem erfüllten Leben stünde. Insbesondere die Tage rund um meinen Eisprung waren manchmal einfach die Hölle. Ich habe mir oft gewünscht, ich könnte meine Libido einfach abstellen. Wenn nur dieses Verlangen, das ständig in den unpassendsten Momenten anspringende Kopfkino, die Gedanken ans Fremdgehen und die damit verbundenen Schuldgefühle aufhören würden, dann könnte ich endlich glücklich und dankbar sein für all das was ich hatte: eine stabile Beziehung, Sicherheit, eine "richtige" Familie, Freundschaften, Hobbies, eine Karriere. Aber man kann es sich nunmal nicht aussuchen. Ich kann mir BDSM nicht einfach abgewöhnen und meine sexuelle Erfüllung in einer Vanilla Beziehung finden (And trust me, I tried. I really tried.). Und genauso wenig kann ich etwas an meiner Libido selbst ändern.


Heute bin ich auf einem guten Weg, Frieden zu schließen mit meiner Sexualität. Sowohl mit meiner devoten und masochistischen Neigung, wie auch mit meiner Libido, die eben einfach deutlich ausgeprägter ist als der Durchschnitt. Dabei hilft es mir sehr, zu verstehen wie meine sexuelle Identität beschaffen ist und warum ich in manchen Dingen anders ticke als die meisten Frauen. Eine kleine Erleuchtung war für mich das Buch 'Come as you are' von Sexualtherapeutin Emily Nagoski. Nagoskis Kernbotschaft ist: Egal wie deine Sexualität beschaffen ist, was dich anturnt, abturnt, welche Fantasien du hast - Du bist ganz normal. Du darfst sein wie du bist.


Unter anderem beschreibt Nagoski das in der Sexualforschung entwickelte Dual Control Model of Sexual Response. Dieses Modell beschreibt menschliche Sexualität als Zusammenspiel aus zwei grundlegenden Systemen: Sexual Excitation System (SES) und Sexual Inhibition System (SIS). Vergleichbar sind die beiden mit Gas und Bremse eines Autos. Das SES sorgt dafür, dass sexuelle Erregung entsteht oder verstärkt wird, während das SIS Erregung verhindert oder bremst. Die individuelle Beschaffenheit und Prägung dieser beiden Systeme bestimmt das sexuelle Temperament eines Menschen. Wer also zum Beispiel ein sehr sensitives SES (Gaspedal) hat, wird schneller und leichter erregt als jemand mit einem schwach ausgeprägten SES. Wer ein sehr sensitives SIS (Bremse) hat, ist unter Einfluss von Negativ-Faktoren wie Stress schneller abgeturnt als jemand mit einem schwach ausgeprägten SIS.


Nagoski beschreibt in ihrem Buch eine ihrer Patientinnen, Olivia, in der ich mich sofort wieder erkannt habe:

'She told me, "I love sex. I love my partner. I love trying new things, new places, new positions, new toys, new porn, new everything. I'm One Big Yes." And I could see it in her face: the joy, the confidence of a woman living fully inside her body.

I asked, "Have you sometimes done things and then thought, 'Why did I do that?'"

She winced and nodded."That's happened. Rarely, but...when I get super stressed, I'll just go out and be like, 'Whatever. Go.' I've done some stupid shit."

"And are there times when you feel like you need to masturbate several times a day?" I asked, and she blinked at me like she wondered if I had a camera in her bedroom. "Usually I can ignore it," she said. "But every once in a while it just makes me crazy. It's like having an itch that no amount of scratching will help. I have this out-of-control feeling."

"Yeah," I said. "A sensitive accelerator can make people more prone to risk-taking and compulsivity [...] It would explain both your 'One Big Yes' and the occasional out-of-control feeling,".

It's easy to assume that having a sensitive accelerator is fun - and it can be, in the right context. [...] And then sometimes, Olivia said, "It can feel like my sex drive is constantly demanding my attention and won't leave me alone." [1]


Ich bin in meiner Sexualität wie Olivia - ein One Big Yes, sehr schnell sehr angeturnt, hohe Libido, neugierig, abenteuerlustig und im Vergleich zu anderen Lebensbereichen ungewöhnlich risikoaffin wenn es um Sex geht. Das ganze dann noch gepaart mit meiner BDSM Neigung ergibt manchmal eine explosive Mischung - irgendwie Fluch und Segen zugleich. Als ich vor einem Jahr merkte, dass es mit meiner sexlosen Ehe so nicht weitergehen würde, beschloss eine Affäre zu beginnen und S. kennenlernte, schrieb ich ihm vor unserem ersten Treffen so etwas wie "Einerseits hadere ich sehr mit meiner Neigung und wünschte oft ich wäre normal. Andererseits ist es ja irgendwie auch ein Geschenk. Andere Leute müssen einen Haufen Drogen einwerfen um solche Gefühle zu erleben." Ich weiß noch genau, was er damals geantwortet hat: "Glaub mir, du bist normal."


[1] Nagoski, E. Come as You Are: The Surprising New Science that Will Transform Your Sex Life. Simon & Schuster 2019.


 
 
 

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